Rede zum Haushalt 2023 der Stadt Aßlar

Rede zum Haushalt 2023 der Stadt Aßlar

Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

lassen Sie mich mit der Begründung unserer beiden Anträge zum Haushalt beginnen:

Der erste betrifft die Anpassung des Haushaltsansatzes für den Bereich Ordnungsangelegenheiten. Hier soll in den kommenden Monaten die zweite Sicherheitskonferenz des Kompass-Programms stattfinden. Wenn die Aufgabe dieser Sicherheitskonferenz die Ausarbeitung eines Sicherheitskonzeptes ist, finden wir es nicht nachvollziehbar, wenn dem zuständigen Fachbereich im Vergleich zu 2022 die Mittel um 25.000 € gekürzt werden. Wenn man dann noch die Berichte über Vorfälle in Werdorf hört oder sich die Situation an der Bahnhofsunterführung in Aßlar anschaut, dann gehe ich fest davon aus, dass der Fachdienst Sicherheit und Ordnung das Geld gut gebrauchen kann. Ich freue mich darüber, dass der HFA diesen Antrag auch zur Annahme empfohlen hat.

Der zweite Antrag geht zurück auf die Besichtigung des Jugendraums in Werdorf, bei der von Teilnehmenden bemängelt wurde, dass die Wände doch etwas kahl seien und dass man dagegen etwas machen könne. Da der Haushaltsansatz für die Einrichtungen der Jugendarbeit keine nennenswerten Mittel für die Gestaltung der Innenräume vorsieht, haben wir uns entschieden, einen Antrag zu stellen und diesen mit so ausreichenden Mitteln zu versehen, dass nicht nur der Jugendraum in Werdorf, sondern alle Jugendräume der Stadt Aßlar so gestaltet werden können, dass sie für die Jugendlichen möglichst ansprechend sind. Bei den Beratungen im Ausschuss hat es mich dann doch etwas verwundert, dass die FWG in der Frage keine einheitliche Linie fährt und mit zwei Stimmen verhindert, dass der Ausschuss hier diesen Antrag empfehlen kann. Umso mehr verwundert es mich, da die ursprüngliche Bemerkung zu den weißen Wänden aus der FWG-Fraktion kam. Ich hoffe darauf, dass sie diese Unstimmigkeiten nun intern bereinigt haben und wir diesen Antrag zur Innenraumgestaltung in den Jugendräumen nun beschließen können.

Ich komme zum übrigen Haushalt:

Bei einigen Themen stellt der Vorbericht zum Haushalt zwar die richtigen Fragen, aber Antworten erhält man nicht. Wenn beispielsweise auf den Bedarf an seniorengerechten Wohnungen und besondere Betreuungsangebote im Vorbericht hingewiesen wird und man dann nichts weiter dazu lesen kann, lässt einen das etwas ratlos zurück. Wir haben diese Fragen dann auch noch einmal gestellt und sind mit den gegebenen Antworten definitiv nicht zufrieden. Wenn als Lösungen für seniorengerechte Wohnungen die Möglichkeiten von Aßlar-West oder den Aßlarer Gärten präsentiert werden, da bei denen ja auch barrierefreie Wohnungen dabei sein werden, dann ist das wenn überhaupt ein Tropfen auf den heißen Stein und aufgrund der zu erwartenden hohen Quadratmeterpreise auch kein ernstzunehmendes Angebot für ältere Personen. Es ist auch erst Recht keine Lösung für Personen mit besonderen Betreuungsbedürfnissen.

Auch die Stadtplanung ist weiterhin voll auf Neubaugebiete mit Einfamilienhäusern ausgerichtet, die sich bei der aktuellen Zinslage kein Normalsterblicher leisten kann. Wir brauchen hier andere Lösungen, um bezahlbare Wohnungen für Ältere und Jüngere, Paare und Alleinstehende, in der Kernstadt und den Stadtteilen zu schaffen. Für den Haushalt bedeutet es ein erhebliches Ausfallrisiko, wenn die aufgelegten Baugebiete nicht vollständig veräußert werden können und es werden unter Garantie nicht alle bisher Bauwilligen eine Finanzierung mit 4,5 Prozent Zinsen und 20 Prozent Eigenkapitalanteil stemmen können. Besonders gravierend wird dies bei Werdorf Süd-Ost. Hier gilt es, wie wir eben schon angemerkt haben, auf die Vorschläge des Ortsbeirates Werdorf zu hören, den bestehenden Bebauungsplan noch einmal anzupassen und das Gebiet schrittweise zu entwickeln.

Ein weiterer Punkt aus dem Vorbericht ist die Zukunft der medizinischen Versorgung bei einer alternden Bevölkerung. Sie wird als Herausforderung im Vorbericht zwar erkannt, dass daraus irgendwelche Handlungsempfehlungen formuliert werden oder Haushaltsmittel bereitgestellt würden, ist nicht ersichtlich. Dass man Gespräche führt, wenn etablierte Hausarztpraxen altersbedingt schließen, ist eine Selbstverständlichkeit und keine politische Großtat. Auch der Hinweis auf die Nähe zu Wetzlar ist ein schwacher Trost. Wir sehen hier weder ein ausreichendes Problembewusstsein noch eine Strategie, wie auch in Zukunft die ärztliche Grundversorgung sichergestellt werden soll. Andere Gemeinden sind da deutlich weiter und es hat einen Grund, dass man mich in Oberlemp gefragt hat, ob vielleicht ein Bürgerbus nach Ehringshausen eingerichtet werden könnte.

Neben dem genannten Szenario, beim Verkauf von Baugrundstücken keine Abnehmer*innen zu finden, weist dieser Haushalt noch an anderer Stelle erhebliche Risiken auf, die nicht ausreichend adressiert wurden.

Die Unsicherheiten bei der Finanzierung der Laguna schlagen sich selbstverständlich auch im städtischen Haushalt nieder. Wenn die Verlustabdeckung nicht ausreichen sollte, müssen aus dem städtischen Haushalt noch weitere Mittel aufgewendet werden. Die Laguna hat in diesem Jahr das Potenzial, unseren vom Kreis bescherten Überschuss ganz alleine aufzufressen.

Ein weiterer großer Punkt, der zusätzliche Unsicherheit mit in die Rechnung bringt, ist die Unterbringung Geflüchteter. Wir haben eben schon darüber gesprochen, dass die Unterbringung in den Containern bei der derzeitigen Vergütungspraxis ein jährliches Defizit von rund 300.000 € mit sich bringt. Wenn der Kreis das Geld vom Land erst mit der zu erwartenden Verzögerung erhält, bleiben wir vorerst auf diesen Kosten sitzen. Hinzu kommt noch, dass wir nicht damit rechnen sollten, dass die bisher bestehenden Plätze ausreichen werden und dass ich von der Antwort des Bürgermeisters auf meine Frage, ob weitere Kapazitäten zur Unterbringung schutzsuchender Menschen geschaffen werden, einigermaßen erschüttert war. Es bringt doch nichts, sich auf bereits erreichtem auszuruhen oder auf die Verantwortung anderer zu verweisen. Der Landrat erwartet, dass in diesem Jahr 3000 schutzsuchende Menschen im Lahn-Dill-Kreis untergebracht werden müssen. Und wir in Aßlar werden unseren Anteil leisten müssen, ob es uns gefällt oder nicht. Wir erwarten, dass wenigstens Ideen präsentiert werden.

Herr Bürgermeister, ich weiß bei alledem nicht, woher sie diese rheinländische Gelassenheit in allen Dingen nehmen. „Et hät noch immer jot jejange.“ Es kann nicht immer alles gut gehen und nicht immer kommt eine Mail aus dem Kreishaus, die der Stadt den Haushaltsausgleich beschert. Wenn wir schon dabei sind, dann muss ich auch nochmal die Frage stellen, nach welchen Kriterien sie die Mitteilungen des Lahn-Dill-Kreises eigentlich für die Aufstellung des Haushalts berücksichtigen. Als es für den Haushalt 2022 um die Erhöhung der Kreisumlage ging, haben sie bis nach dem letzten Beschluss des Kreistags gewartet, bis sie die 280.000 Euro im städtischen Haushalt angepasst haben. Dieses Jahr hat der Landrat seinen Nachtragshaushalt noch nicht einmal eingebracht, da nehmen sie die neuen Zahlen schon bereitwillig mit auf. Ihre Argumentation aus dem letzten Jahr, sie verließen sich bei der Erstellung des Haushalts nicht auf vorläufige Zahlen, ist damit hinfällig. Wir würden es sehr begrüßen, wenn solche Entscheidungen nicht danach getroffen würden, ob der Kreis ihnen den Haushaltsausgleich nun gerade rettet oder versaut. Vielmehr sollten nachträgliche Anpassungen des Haushalts immer zum frühestmöglichen Zeitpunkt vorgenommen werden, wie ich es in meiner letzten Haushaltsrede schon herausgestellt habe und wie es auch der Gesetzgeber verlangt.

Der Haushalt für das Jahr 2023 liest sich im Übrigen leider wieder sehr wie die Haushalte der Vorjahre. An Investitionen wird nur das weitergeführt, was man in den vergangenen Jahren angefangen hat oder noch nicht anfangen konnte. Das bringt ja nicht nur Schlechtes mit sich, die Ersatzbeschaffung der Drehleiter und weiterer Fahrzeuge der Feuerwehr ist geboten und deshalb ebenso sinnvoll wie die Fortführung des Radwegs nach Wetzlar. Im Großen und Ganzen ist an Investitionen aber wenig Neues zu finden, wir sehen keine Ideen für die Zukunft und keinen großen Gestaltungswillen. Dieser Haushalt im Ganzen ist die bloße Verwaltung des status quo und allein deshalb den Herausforderungen dieser Tage schon nicht angemessen.

Abschließend bedanke ich mich bei den Mitarbeiter*innen der Verwaltung für die Erstellung dieses Haushaltsplans und für die Beantwortung unserer Fragen. Auch für diesen Plan hoffen wir, dass sich die Risiken, die wir sehen, nicht verwirklichen und auch für diesen Plan bleiben wir dabei, dass Hoffnung allein keine gute Entscheidungsgrundlage ist. Die SPD-Fraktion lehnt den Haushalt im Ganzen deshalb ab.

Vielen Dank.

Kevin Ferber,
Fraktionsvorsitzender

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